Vergiss Mein Nie – Trauerlandkarte

Portfolio

Die Trauerlandkarte

Der Tod gehört zum Leben dazu. Gut, ihn und seine Sehenswürdigkeiten zu kennen. Trauer ist nämlich mehr als nur eine Checkliste, die abgearbeitet werden muss. Eigentlich ist es eher wie ein unbekanntes Land, zwar unwegsam ist aber bereist werden kann und einige neue Wege und Bewohner bereithält, die beim Verstehen der eigenen Gefühlslage helfen.

Trauerlandkarte zur Standortbestimmung in einem Trauerprozess

 

Für die Trauerberatung Vergiss Mein Nie in Hamburg habe ich anhand der Einteilung der Trauerzustände von Verena Kast eine Trauerlandkarte entwickelt, anhand der man Betroffenen und Neugierigen ganz einfach und angstfrei Trauerprozesse erklären kann und die deutlich macht, wie vielschichtig dieses Gefühl ist aber dass man innerhalb dieses Zustands auch viel Entdecken kann.

Credits:

 Idee, Text & Konzept: Anemone Zeim
Illustrationen & Grafik: Bianca Heinrichs
Kunde: Vergiss Mein Nie Hamburg

Grundsätzlich kann man das „Trauerland“ in vier Regionen einteilen: Der Süden als Schockzustand, der Westen als unkontrollierbares Gefühlschaos, der Osten als Erinnerungs- und Abschiedsregion und der Norden als Zukunftsweisender Neubeginn. (Ja, ist eine sehr grobe Einteilung.)

Jeder Mensch darf dieses Land nach eigenem Ermessen durchwandern, rückwärts gehen, Wege kreuzen, sich verlaufen, sich Zeit lassen, zurückgehen. Wichtig ist nur, in Bewegung zu bleiben.

Im Süden „Blinder Fleck“

 

Die Reise beginn mit dem blinden Fleck, dem Schock nach der Todesnachricht, ganz unten im Süden auf der Karte. Weil man ganz unten ist, wenn man traurig ist.

Der Reiseführer sagt dazu:

„Eine Gegend des „nicht Wahrhaben-Wollens“. Sie ist groß und steinig und schwer zugänglich. Hier gibt es kaum erschlossene Wege, viele Irrwege und Sackgassen. Hier sind viele Dinge, die Angst machen. Wir befinden uns „im Nebel“, funktionieren „wie ein Roboter“ brauchen Verstecke um uns zurückzuziehen. Das stille Weinen plätschert wie ein stilles Flüßchen, Stachelbeete zeugen von Gefühllosigkeit, die Wüste für Einsamkeit und Isolation, im Schwarzfall stürzt alles auf uns ein und in der Eiswind-Ebene treffen wir auf das Unverständnis der anderen. Die Grenze zu den anderen Regionen ist schwer zu überwinden.“

Die Region „Herzbruch“

Wir bewegen uns vom Schock weg in eine vermeintlich ruhige Gegend. Ruhig ist es hier aber überhaupt nicht, besonders weil hier die Gefühle nach vermeintlich langer Trauerzeit eine Präsenz bekommen, die das Umfeld oft konsequent überfordert.

Der Reiseführer sagt dazu:

„Willkommen im Land der unkontrollierbaren Gefühle. Diese Region ist harsch und grob aber es gibt schon deutlichere Wege und Wegweiser. Hier stolpert man – schwach geworden – an jeder Ecke über aufbrechende Gefühle in Form von Vulkanen. Man steckt abwechselnd im Wutwald oder antriebslos im Treibsand fest, steht still weinend im Regen oder findet sich einsam in einem Haus ohne Fenster wieder. An einer Klippe im Meer bricht sich der Verstand: Wir meinen, den Verstorbenen „überall zu sehen“, wie Einhörner. Versteinerte Herzen säumen den Weg. Im Murmeltierhain kann man seine Erschöpfung endlich ausschlafen. Dann weckt einen der Herzton der Kalimba der alles für einen Moment ins Gleichgewicht bringt. Fußabdrücke erinnern uns daran, dass, wenn etwas geht, immer auch etwas bleibt.“

 

Die Region „Wolkensieb“

Hier im Osten geht es das allererste Mal um die Erinnerung. Vorher war es wichtig, nicht vom Weg abzukommen um überhaupt den Alltag hinzubekommen. Jetzt darf Revue passiert werden: Was ist wichtiger als je zuvor, was nicht mehr wichtig?

Der Reiseführer sagt dazu:

„Das Königreich von „Suchen & Trennen“ ist trotz des vielen Wassers sehr vielfarbig und lebendig. Erinnerungen liegen in der Luft. Wir sehen das Sternbild „Hase“ und fragen uns sprachlos im Wortwald „Wo ist der Verstorbene jetzt wohl?“. Wir halluzinieren als wären die Verstorbenen bei uns, versuchen in Gesprächen Brücken ins Andere zu schlagen und fallen aus Sehnsucht in ein Wurmloch. Wir ordnen das Erlebte in einem Tagebuch, suchen, finden, sortieren es und bringen es in einem Mobilé wieder ins Gleichgewicht. Zwei Tiere begleiten uns dabei: Das Schöne steht für gute, das Biest für schlimme Erinnerungen. Der Wind treibt uns mit einem kleinen Lied an den Sehnsuchtshafen wo wir ein Wunschschiffchen für den Verstorbenen losschicken. Die Seelenvögel aus der Vogelkoje beobachten uns, wie wir im Schlaf auf Trauminseln flüchten, wo die Welt noch in Ordnung ist.“

 

Die Region „Morgenland oder neue Welt“

Ganz oben ist die Aussicht am besten. Man traut sich wieder in die Weite zu schauen, an ein Morgen zu glauben.

Der Reiseführer sagt dazu:

„Das Land an der Sonne lockt mit neuem Selbst- und Weltbezug. Die Region ist vorsichtig optimistisch, und nach vorne gerichtet. Hier gibt es tausend Möglichkeiten zu leben, wir schaffen es mit eigener Kraft auf dem Fahrrad Richtung Zukunft und sehen sogar das erste Mal andere Menschen. Das Viertel der Freundschaft ist immer einen Besuch wert. Man findet es, in dem man auf den Leuchtturm steigt und die Außenwelt wahrnimmt. Da sieht man auch eine schöne Seite des Trauerlandes – dort, wo etwas so Schweres wie ein Wal durch das Wasser zu fliegen scheint. Im Liebesgarten wächst aus den Tränen neues Leben und am Wunschhafen nimmt ein Walnußschiffchen Fahrt in das neue Leben auf – flankiert von schillernd lächelnden Libellen und voll beladen mit Wünschen an uns selbst.“

 

Die Trauerlandkarte gibts hier im Vergiss Mein Nie-Shop: